Behinderte wollen mehr Beachtung

Durch Corona-Regeln hart getroffen / Arbeitsgemeinschaft will helfen

Aus dem Soester-Anzeiger vom 07.09.2020

VON HEYKE KÖPPELMANN Soest –

Wochenlange Kontaktsperre, Besuchsverbot in den Heimen, über lange Zeit geschlossene Werkstätten, ein ungewohnt einsamer Alltag: Nach Meinung der Behindertenarbeitsgemeinschaft (BAKS) sind Menschen mit Handicaps von den Corona-Regeln besonders hart getroffen, je nach Beeinträchtigung noch stärker eingeschränkt und auf weitere Hilfe angewiesen.

„Gesundheitsschutz geht vor“, sagt Brigitte Piepenbreier aus Bad Sassendorf, die der LAG Selbsthilfe angehört. Sie appelliert jedoch auch, Behinderte und die Menschen, die sich um sie kümmern, nicht aus den Augen zu verlieren, sondern sie intensiver als bisher in den Fokus zu nehmen. Dieser Personenkreis sei sehr vernachlässigt und auch bei den Hilfspaketen zur Abfederung der wirtschaftlichen Schäden nicht genug berücksichtigt worden. Auch die

Behindertenarbeitsgemeinschaft Kreis Soest (BAKS) macht die Pandemie und den

Lockdown im Frühjahr zum Thema. Sie fordert, aus den bisherigen Erfahrungen zu lernen und sich die Frage zu stellen, wie es künftig besser laufen kann. Eine Forderung lautet, Menschen mit Behinderung bei der Versorgung mit Schutzausrüstung besonders zu berücksichtigen. Vorsitzende Caterina David räumt ein, dass es keine Blaupause für die Krise gibt, doch Behinderte dürften

nicht vergessen werden. „Wir brauchen rechtzeitig einen Notfallplan“, betont sie, „Behinderte müssen stärker im Blickpunkt stehen.“
Was bedeuten Corona und die Folgen für Menschen mit Behinderung? Brigitte Piepenbreier

nennt ein Beispiel: Für etliche Kinder, die eine Förderschule mit dem Schwerpunkt geistige Entwicklung besuchen, kommt reiner Online-Unterricht nicht infrage. Viele verstehen die Welt nicht mehr, es fällt ihnen schwer, sich zu artikulieren. Wie soll man ihnen erklären, dass sie nicht zur Schule gehen, die Schulassistentin sie nicht mehr nach Hause begleiten darf? Sie ist doch immer mitgekommen. Warum geht das jetzt nicht mehr? Warum dürfen sie selber so vieles nicht? Warum müssen sie zuhause bleiben und auf gewohnte Rituale verzichten? Brigitte Piepenbreier, Ehrenvorsitzende der BAKS, berichtet vom Krankenhausaufenthalt eines behinderten

Corona-Patienten außerhalb des Kreises Soest. Weil das Klinikpersonal nicht imstande gewesen sei, in dieser speziellen Situation adäquat mit ihm umzugehen, sei er auf eigene Verantwortung nach Hause entlassen worden.

„Wir müssen für das Thema sensibilisieren“, hebt sie hervor. Wichtig sei für die Politik, rechtzeitig zu reagieren und zu informieren, engen Kontakt zu den Spitzenverbänden zu halten und sie in die Entscheidungsprozesse ein einzubeziehen, um künftig besser vorbereitet zu sein. Eltern dürften nicht allein gelassen werden. Sie seien oft sehr stark belastet, da die Betreuung ihres Kindes mit einem sehr hohen Aufwand verbunden sei. Wer berufstätig sei, musste unter Umständen wochenlang der Arbeit fernbleiben, ohne Unterstützung zu bekommen. Die Förderschulen öffneten später als die Regelschulen, wertvolle Zeit sei verloren gegangen. „Wir müssen zusätzliche Sicherheit schaffen“, spricht sich Caterina David dafür aus, in den Heimen mehr zu testen, um sowohl Bewohner als auch Mitarbeiter zu schützen. Die BAKS versteht sich als Sprachrohr und setzt es sich als Aufgabe, das gesellschaftliche Bewusstsein für die Belange von Menschen mit Behinderungen zu schärfen. In ihrem aktuellen Jahresbericht erwähnt die Vorsitzende auch den Unmut, den die Aussage des Landschaftsverbandes hervorgerufen habe, dass die Schüler der

Von-Vincke-Schule für Blinde und Sehbehinderte nicht in der Lage seien, richtig und sachgemäß mit Desinfektionsmitteln umzugehen.

Die Behindertenarbeitsgemeinschaft Kreis Soest (BAKS) wählte einen neuen Vorstand: Vorsitzende: Caterina David.
2. Vorsitzender: Benedikt Ungerland.
Schriftführerin: Regina Schauerte.
Kassierer: Ralf Hillberger.
Außerdem gehören dem Vorstand an: Brigitte Piepenbreier, Alexander Ebel, Bastian Weifen und Heinz-Werner Einhoff.